Finanzausgleich in der EKD

Die Grundlagen der Gemeinschaft

Die Evangelische Kirche in Deutschland besteht aus 20 einzelnen Landeskirchen, alle nach Struktur und Stellung selbständig und unabhängig. Aber alle Landeskirchen verstehen sich zugleich als Teil der einen Gemeinschaft, der Evangelischen Kirche in Deutschland. Dazu heißt es in der Grundordnung der EKD (Artikel 1 Abs.1):

"Die Evangelische Kirche in Deutschland ist die Gemeinschaft ihrer lutherischen, reformierten und unierten Gliedkirchen."

Jede Gliedkirche ist daher zugleich Teil eines Ganzen. Davon ausgehend ist in Artikel 6 Abs. 1 der Grundordnung bestimmt:

"Die Evangelische Kirche in Deutschland bemüht sich um die Festigung und Vertiefung der Gemeinschaft unter den Gliedkirchen, hilft ihnen bei der Erfüllung ihres Dienstes und fördert den Austausch ihrer Kräfte und Mittel."

Dieser Auftrag dient insbesondere der Festigung und Förderung des kirchlichen Lebens in unserem Land. Dazu gehört auch die Ausrichtung des Dienstes nach gemeinsamen Grundsätzen, die ihren Niederschlag in den verschiedenen Ordnungen der Gliedkirchen, der gliedkirchlichen Zusammenschlüsse und der EKD gefunden haben. Darum gehören die Glieder einer Gliedkirche zugleich unmittelbar als Kirchenmitglied der Evangelischen Kirche in Deutschland an (Artikel 1 Abs. 4 GO.EKD). Darum gibt es in der EKD und für sie gemeinsame Organe, deren eines die gemeinsame Synode ist, deren Mitglieder von den Gliedkirchen gewählt werden (Artikel 24 Abs.1 GO.EKD).

Die Bedeutung des Finanzausgleichs

Zwischen den Gliedkirchen ist seit den ersten Jahren des Bestehens der EKD ein Finanzausgleich im Sinne der Vertiefung der Gemeinschaft und des Austausches der Kräfte vereinbart worden. Umfasste er ursprünglich nur ein vergleichsweise geringes Finanzvolumen, stellte sich diese Frage mit der Wiedervereinigung neu. Dies vor dem Hintergrund, dass die unter den Bedingungen einer kirchenfeindlichen Politik der ehemaligen DDR vollzogene Entwicklung der Gliedkirchen im Osten von einer dramatischen Entkirchlichung begleitet war. 

In ganz Deutschland besteht die berechtigte Erwartung der Menschen an eine evangelische Kirche, die die kirchlichen Lebensverhältnisse und die Mitwirkung in der Gesellschaft so gestaltet und wahrnimmt, wie sie dem Anspruch der EKD als Ganzem und den in ihr üblichen Grundsätzen entsprechen. Das kirchliche Leben in einem Teil eines Landes beeinflusst Möglichkeiten und Gestaltung des kirchlichen Lebens auch in den anderen Teilen. Das Eingebundensein in eine Gesellschaft und ein Staatswesen erfordert gemeinschaftliches Handeln in rechtlicher, inhaltlicher und tatsächlicher Hinsicht. Ohne einen Ausgleich der Kräfte kann das nicht bewerkstelligt werden.

Daher unterscheidet sich der gliedkirchliche Finanzausgleich als ein innerkirchliches Instrument von den Hilfen für Kirchen in anderen Teilen dieser Welt: Er dient der Bewahrung gemeinschaftlicher Interessen in der Bundesrepublik Deutschland und dient damit letztlich immer auch zugleich den eigenen Interessen der Landeskirchen.

Zielgruppe des Finanzausgleichs

Es handelt sich beim Finanzausgleich der EKD um keinen eigentlichen West-Ost-Transfer. Vielmehr ist das gemeinsam vereinbarte Verfahren so gestaltet, dass es zu einem Ausgleich zwischen allen Landeskirchen kommt. Kirchen mit größerer Finanzkraft beteiligen sich am Finanzausgleich auch stärker als Kirchen mit kleinerer Finanzkraft. Dadurch ergibt sich ein Finanzausgleich über negative Beiträge bereits zwischen den Geberkirchen. Der positive Finanzausgleich erreicht in der Regel in der Tat die finanzkraftschwachen östlichen Gliedkirchen. Jedoch ist das Verfahren "lageneutral" gestaltet: 2002 und ab 2008/09 war es erforderlich, auch westliche Gliedkirchen (Bremen und Oldenburg) als Empfängerkirchen (dann übrigens zu Lasten der übrigen - östlichen - Empfängerkirchen) einzubeziehen.

Funktionsweise

Das Verfahren des Finanzausgleichs wurde nach den Erfahrungen mehrerer Jahre vom Finanzbeirat entwickelt und von allen Gliedkirchen in der Kirchenkonferenz gebilligt. Dieses Finanzausgleichsverfahren ermöglicht auf der Grundlage mathematisch-statistischer Verfahren einen Ausgleich zwischen finanzstarken und finanzschwachen Kirchen. Es passt sich an sich verändernden Verhältnisse an. Es handelt sich im Wesentlichen um einen Ausgleich der Finanzkraft. Diese wird an wenigen Komponenten des Finanzaufkommens (Kirchensteueraufkommen und Staatsleistungen) im Verhältnis zur Zahl der Gemeindeglieder gemessen. Als eine weitere Komponente wird das Verhältnis der christlichen zur nichtchristlichen Bevölkerung herangezogen, um die unterschiedlichen strukturellen Bedingungen zu berücksichtigen.

Um zeitweise und territorial unterschiedlich auftretende Schwankungen des Finanzaufkommens auszugleichen, die zu einer Verzerrung der Leistungsanforderungen führen könnten, beruht die Berechnung auf dem Durchschnitt des Finanzaufkommens von sechs Jahren – und trägt so den langfristigen Auswirkungen des Clearing-Verfahrens Rechnung.

Was der Finanzausgleich nicht ist

Der Finanzausgleich führt zu einem differenzierten Ausgleich der Finanzkraft; er ist allerdings kein Ausgleich der Leistungsfähigkeit. Bei der Leistungsfähigkeit wären allgemeine Aufgaben der Landeskirchen, deren Bedingungen und Umstände sowie deren spezifische Belastungen zu berücksichtigen. Diese sind differenziert nur schwer zu ermitteln. Sie sind nicht leicht vergleichbar oder zu verallgemeinern, zumal sie nicht nur von objektiven Faktoren, sondern auch von subjektiven Entscheidungen der Landeskirchen abhängen.

Der Finanzausgleich ist zugleich kein "Überschussverteilverfahren", sondern ein Verfahren, das den Geberkirchen auch - unter differenzierter Berücksichtigung ihrer Finanzkraft - im Interesse der Gemeinschaft einige Belastungen abverlangt.

Das Finanzausgleichsvolumen hat sich historisch an bestimmten Bedarfskomponenten orientierend (insbesondere Personalkosten) entwickelt, ist aber nun von solchen Bestimmungen unabhängig. Damit wird den Gedanken der Eigenverantwortung einerseits und der Nichteinmischung andererseits Rechnung getragen. Das Volumen wird nun in Anlehnung an die allgemeine Kirchensteuerentwicklung nach einer Gleitklausel bestimmt. Durch diese Gestaltung wird der Finanzausgleich verlässlich und planbar: Er bewahrt die Geber vor unvorhersehbaren Leistungsanforderungen und ermöglicht den Empfängern eine planmäßige Gestaltung.

Entwicklung des Finanzausgleichs

Die nachfolgende Übersicht zeigt die wichtigsten Etappen der Entwicklung des Finanzausgleichs seit 1991 in Millionen Euro (gerundet). 

 

1991

1992

1995

1996

1997

1999

2006

2007

2008

2009

2010 

  173

  286

 204

  179

 166

 154

 150

149

149

149

143

Ergebnisse des Finanzausgleichs

Der Anteil am Finanzausgleich liegt bei den Geberkirchen durchschnittlich bei 4% des jeweiligen Kirchensteueraufkommens (je nach Finanzkraft zwischen 0% und 4,6%). Der positive Beitrag bedeutet für die Nehmerkirchen dagegen durchschnittlich 45% auf ihr Kirchensteueraufkommen. Der Mitteltransfer hebt die Unterschiede in der Finanzkraft der Gliedkirchen nicht auf, mindert sie jedoch erheblich. Dagegen bleibt die unterschiedliche Leistungsfähigkeit beträchtlich.

Dennoch hat der Finanzausgleich – insbesondere in Bezug auf die östlichen Gliedkirchen – seine Ziele erreicht; er hat ihnen zwei Grundvoraussetzungen ihrer Existenz in der Gemeinschaft der EKD ermöglicht:
-  die notwendige Anpassung an die neuen Verhältnisse nach der Wiedervereinigung und
-  das weitere Bestehen als Volkskirche

Der Finanzausgleich ermöglicht so - trotz bleibend erheblicher Unterschiede - die Gestaltung und Entwicklung des Protestantismus in unserem Land nach gemeinschaftlichen Grundsätzen.

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Publikationsdatum dieser Seite: 10.05.2024 08:23