Dritter Weg

Kirchliche Arbeitsrechtsregelungen – z. B. über die Vergütungshöhe, den zu gewährenden Erholungsurlaub oder die betriebliche Altersversorgung – kommen in den Gliedkirchen der EKD überwiegend auf dem so genannten Dritten Weg zustande. Der Dritte Weg findet seine Grundlage und Legitimation im verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrecht der Kirchen (Artikel 140 Grundgesetz in Verbindung mit Artikel 137 Absatz 3 Weimarer Reichsverfassung).

Die Evangelische Kirche kann ihre eigenen Angelegenheiten, also insbesondere das Personalrecht, in den Schranken der für alle geltenden Gesetze eigenständig regeln.

Das Leitbild der Dienstgemeinschaft und die religiöse Dimension des kirchlichen Dienstes fordert ein System, das auf Partnerschaftlichkeit, Dialog und Kooperation ausgelegt ist. Der Dritte Weg beschreibt daher ein Arbeitsrechtssetzungssystem, das sich grundsätzlich von der arbeitgebereinseitigen Entscheidung ("Erster Weg") oder von Tarifverträgen ("Zweiter Weg") unterscheidet. Als Spiegel der gemeinsamen Verantwortung für den Verkündigungsauftrag werden Arbeitsrechtsregelungen in mit Vertreter/innen der Mitarbeiterschaft und Vertreter/innen der Anstellungsträger paritätisch besetzten Kommissionen beschlossen. Entscheidungen können nur durch Mehrheitsbildung und Konsens getroffen werden. Bei Konflikten, die sich naturgemäß aus der Existenz und Wahrnehmung unterschiedlicher Interessen von Mitarbeitenden und Einrichtungsleitungen ergeben, sind alle Beteiligten verpflichtet, den Weg der partnerschaftlichen Lösung zu gehen. Kann im Ausnahmefall keine Einigung erzielt werden, wird diese Lösung im Rahmen eines verbindlichen Schlichtungsverfahrens erreicht. Streik und Aussperrung - dem Tarifvertrag immanent - sind zum Schutz des kirchlichen Auftrags nicht möglich. Arbeitskämpfe in Tarifauseinandersetzungen sind mit dem Selbstverständnis des kirchlichen Dienstes als Glaubens- und Dienstgemeinschaft nicht vereinbar.

Die Durchführung des Dritten Weges ist kirchengesetzlich (Arbeitsrechtsregelungsgesetze) oder durch entsprechende kircheninterne Ordnungen geregelt (z.B. Ordnung der Arbeitsrechtlichen Kommission des Diakonischen Werkes der EKD). Sämtliche Ordnungen gehen auf eine Richtlinie des Rates der EKD vom 08. Oktober 1976 (Amtsblatt der EKD 1976, S. 398) zurück, in der den Landeskirchen empfohlen wird, die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter/innen auf der Grundlage des Dritten Weges zu regeln. Mittlerweile praktizieren fast alle Gliedkirchen der EKD diese Form der Arbeitsrechtsetzung in insgesamt 16 Arbeitsrechtlichen Kommissionen.

Für den Bereich der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche und den verfasstkirchlichen Bereich der Evangelichen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz werden kirchengemäß modifizierte Tarifverträge abgeschlossen. Die bekanntesten Arbeitsrechtsregelungswerke, die auf dem Dritten Weg zustande kamen, sind die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werks der EKD (AVR) und der Bundes-Angestelltentarifvertrag in kirchlicher Fassung (BAT-KF) Rheinland, Westfalen, Lippe.


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Publikationsdatum dieser Seite: 19.01.2024 09:18