Kirchliche Bilanz

Entwicklung und Zweck der Bilanzerstellung in kirchlichen Körperschaften

Die Bilanz ist ein Element des kaufmännischen Rechnungswesens. Bei ihr werden zu einem Stichtag alle Vermögenswerte (Aktiva) den Eigentumsanteilen und Verpflichtungen (Passiva) gegenübergestellt (bilanziert). Nach der erstmaligen Eröffnungsbilanz wird mit jedem Jahresabschluss die Bilanzaufstellung fortgeführt.

Das kirchliche Finanzwesen enthielt bis 2006 keine Verpflichtung, eine Bilanz aufzustellen. Die vorhandenen Vermögensverzeichnisse enthielten in der Regel nur die Finanzmittel und aufgenommene Darlehen sowie ggf. die Zweckbindung der Finanzmittel in Rücklagen. Für die Versorgung der Kirchenbeamtinnen und -beamten sowie der Pfarrerinnen und Pfarrer wurden neben einer möglichen Absicherung durch kirchliche Versorgungskassen, Versorgungsversicherungen und Versorgungsstiftungen eigene Rücklagen gebildet, soweit die Finanzmittel reichten, die vollständige Verpflichtung wurde nicht ersichtlich. Sakrale Vermögenswerte (wie z. B. Kirchengebäude oder Altarbilder) gelten zudem nach dem kirchlichen Selbstverständnis als unveräußerlich; sie sind kein Handelsgut. Daher wurden sie nicht erfasst. Instandhaltungen wurden nach Haushaltslage durchgeführt, bei Überschüssen wurden Rücklagen gebildet. Die Mittel für Instandhaltungen wurden nicht systematisch bedarfsgerecht ausgestaltet. Regelmäßige Absetzungen für Abnutzung (Abschreibung) waren der klassischen Kameralistik aufgrund ihrer Zahlungsbetrachtung fremd.

Um diese Schwächen der klassischen Kameralistik zu beheben, wurde und wird in den Gliedkirchen der EKD das neue kirchliche Finanzwesen eingeführt, das eine vollständige Bilanzierung des kirchlichen Vermögens und der Schulden vorsieht. 

Erhalt des kirchlichen Vermögens für die kirchliche Arbeit

Die Grundaussage einer kirchlichen Bilanz ist teilweise anders als die einer kaufmännischen Bilanz: Das Gebot der Sicherung der stetigen Aufgabenerfüllung steht im Blickpunkt kirchlichen Interesses. Handelsrecht und Steuerrecht sind daher in bestimmten Bilanzvorgaben nicht umgesetzt. Bei neuen Sachanlagegütern und grundsätzlich darüber hinaus gilt zwar auch hier das Anschaffungs- und Herstellungskostenprinzip. Bei der Bilanzierung des vorhandenen immobilen Sachvermögens der Kirchen wird jedoch in der Regel der für die nachhaltige Aufgabenerfüllung nötige Substanzwert aufgezeigt und nicht ein Markt- oder Verkehrswert  dokumentiert. Nachträgliche Herstellungskosten für Gebäude sind in vielen Gliedkirchen auch bei Großreparaturen, die kaufmännisch gesehen Instandhaltungskosten und damit Aufwand wären, zugelassen. So wird jedoch dokumentiert, dass die Gebäude für die dauerhafte Nutzung laufend im Wert erhalten werden.

Die Bilanzierungs- und Bewertungsregelungen für Gebäude sind so gestaltet, dass mit der Einbeziehung der Abschreibung in die Haushaltspläne derjenige Betrag, der für die dauerhafte Nutzung der für die kirchliche Arbeit notwendigen Gebäude nötig ist, nicht anders ausgegeben wird und ggf. in einer Substanzerhaltungsrücklage reserviert werden kann. Bei den Regelungen zur Substanzerhaltung von Gebäuden achten mehrere Gliedkirchen zudem darauf, dass die Beträge der Abschreibung eine stetige Höhe haben.

Nicht realisierbares Vermögen

Auch wenn Kirchengebäude als unveräußerlich gelten und keinen Marktwert haben, wird dennoch in der Regel der Substanzwert bilanziert, um das zu erhaltende Vermögen aufzuzeigen und über dessen Abschreibung die nötigen Mittel zur Substanzerhaltung zu reservieren. Zur Vermeidung des Missverständnis, dass diese Vermögenswerte für Ausgaben zur Verfügung ständen, wird in der kirchlichen Bilanz das Sachanlagevermögen in nicht realisierbares (dem Gottesdienst gewidmete Sachanlagen und Friedhöfe) und grundsätzlich realisierbares Vermögen differenziert. So kann nachvollzogen werden, welcher häufig auch kulturelle Wert den kirchlichen Körperschaften zur Substanzerhaltung auferlegt wurde, genau wie bei Museen, deren Aufgabe es ist, die enthaltenen Kunstschätze zu bewahren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Abweichend weisen einige Landeskirchen für ihre Kirchengebäude nur einen Erinnerungswert aus, tragen jedoch dennoch Sorge, dass der durch die Nutzung entstehende Ressourcenverbrauch erwirtschaftet wird.

Die evangelische Kirche ist kein Konzern

Es wird für die gesamte evangelische Kirche keine konsolidierte, d. h. zusammengefasste so genannte "Konzernbilanz" geben können, denn es handelt sich nicht um einen Konzern: Landeskirchen, Kirchenkreise und Kirchengemeinden sind jeweils selbständige Körperschaften öffentlichen Rechts und auch die meisten diakonischen Einrichtungen sind eigenständige juristische Personen. Die Bilanz der kirchlichen Körperschaften soll alle zugehörigen Vermögenswerte enthalten, auch das Vermögen und die Schulden von unselbständigen Einrichtungen dürfen nicht unberücksichtigt bleiben. Eine konsolidierte Bilanz einer kirchlichen Körperschaft bezieht daher unselbständige Einrichtungen und Stiftungen mit ein.

Rechtsgrundlagen und weitere Informationen

Die Vorgaben für die Bilanzierung und die Ausgestaltung der kirchlichen Bilanz finden sich in den Ordnungen für das kirchliche Finanzwesen auf der Basis der kirchlichen Doppik und auf der Basis der erweiterten Kameralistik, ebenso in den Bewertungs- und Bilanzierungsrichtlinien, die mit den Landeskirchen gemeinsam vereinbart wurden (alles herunterzuladen unter "Download").

  • Bilanzgliederung 2018

    Upload am: 12.07.2018

    Die fett gedruckten Überschriften in diesem Bilanzschema bezeichnen die über alle Gliedkirchen der EKD vereinbarte Mindest-Bilanzgliederung. Die Positionen darunter sind empfohlen, können jedoch abweichen.


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Publikationsdatum dieser Seite: 19.01.2024 09:21